Heft-AboShop
Heft-AboShop

Die Waldapotheke: Natürliche Medizin

Für unsere Vorfahren bot der Wald Schutz, Nahrung, Lebensraum und Medizin. Ihre tiefe Verbundenheit mit der Natur speiste einen Erfahrungsschatz, der uns auch heute noch zur Verfügung steht.

Mein schönes Land-Autorin Irene Lehmann

17.12.2021 - 16:57 Uhr

Lesezeit: 10 Min.
Lichtdurchfluteter Wald

Das Wissen um die Heilkräfte von Bäumen, Sträuchern und Kräutern, die in Wäldern oder am Waldrand wachsen, ist tief in unserer Kulturgeschichte verankert

Foto: Shutterstock/Daniel Gale
Inhaltsverzeichnis
Die Waldapotheke: Natürliche Medizin

Waldspaziergänge sind entspannend, erholsam und mitunter ziemlich aufschlussreich. Wer mit den Augen der frühen Jäger und Sammler durch Wald und Flur streift, entdeckt eine Vielzahl an Nahrungs- und Heilmitteln, die unseren Speisezettel bereichern, das Wohlbefinden steigern und kleinere Blessuren heilen können. Die grüne Waldapotheke ist zu allen Jahreszeiten bestens bestückt, besonders im Frühling, wenn viele Kräuter blühen und das Laub der Bäume noch frisch grün und saftig ist.

Essbare Blüten

Den Blütenregen eröffnen Schlüsselblume, Taubnessel und Wald-Veilchen, gefolgt von Wald-Sauerklee, Barbarakraut und Bärlauch. Die Blüten sind allesamt essbar und überraschen mit ganz unterschiedlichen Aromen. Allerdings dürfen sie nicht lange lagern, sonst verlieren sie ihre Würze und Heilkräfte.

Taubnessel
Foto: Pixabay/moscito1
Schlüsselblume
Foto: Pixabay/hpgruesen

Taubnesseln (links) sind wichtige Nektar- und Pollenpflanzen für Bienen. Die Schlüsselblume (rechts) hat schleimlösende und entwässernde Eigenschaften.

Die Volksheilkunde nutzt die Blüten der Taubnessel (Lamium) bei Frauenbeschwerden und Entzündungen der Atemwege. Frisch über Salate oder Gemüsegerichte gestreut, sind sie eine reizvolle und wohlschmeckende Beigabe. Die Schlüsselblume (Primula veris) steht allerdings unter Naturschutz und darf nicht gepflückt oder ausgegraben werden. Das Primelgewächs gedeiht aber auch an halbschattiger Stelle im Garten.

Bärlauchblüte
Foto: MSL/Irene Lehmann
Lindenblüten
Foto: Pixabay/falco

Bärlauch (links) kann man auf vielfältige Weise nutzen – zunächst die Blätter, anschließend die Blüten und später die Samenstände. Die Linde (rechts) wird besonders in der Erkältungszeit geschätzt

Wie alle Pflanzenteile, besitzen auch die sternförmigen Blüten des Bärlauchs ätherische Öle, die sich positiv auf die Verdauung auswirken. Ein Tee aus frischen oder getrockneten Blüten der Linde wirkt schweißtreibend und schleimlösend. Den höchsten Wirkstoffgehalt haben Lindenblüten wenige Tage nach dem Aufblühen.

Auch der Sammelzeitpunkt spielt eine Rolle. Ideal sind sonnige Vormittage, wenn der Tau abgetrocknet ist. Genießer können es kaum erwarten, bis der Schwarze Holunder in voller Blüte steht. Seine weißen Dolden aromatisieren Sirup, Sekt und süße Desserts oder dienen getrocknet als Erkältungstee.

Holunderblüten
7 Bilder & Videos
Pflanzen

Schwarzer Holunder

Holunder trägt nicht nur schöne Blüten, sondern liefert auch gesunde Früchte. Hier finden Sie Tipps zur Pflanzung, Pflege und Ernte des Wildstrauchs.

Heilende Blätter und Rinden

So manchem durstigen Wanderer haben die erfrischend säuerlichen Blätter des Wald-Sauerklees schon geholfen, sein Durstgefühl zu stillen. Die nur wenige Zentimeter hohe, krautige Pflanze mit den hübschen Kleeblättern wächst auf sauren Böden in Laubmisch- und Nadelwäldern. Auch junge Blätter der Buche schmecken angenehm säuerlich und können direkt vom Baum, im Wildkräutersalat oder Kräuterquark verzehrt werden. Leider gibt es dieses Angebot nur für kurze Zeit. Sobald das Laub fester wird, verliert es seinen Geschmack.

Wald-Sauerklee (Oxalis acetosella)
Foto: Pixabay/Etnatski
Blätter der Buche (Fagus sylvatica)
Foto: MSL/Irene Lehmann

Wald-Sauerklee (Oxalis acetosella, links) hat angenehm säuerliche Blätter, die man frisch für Kräuterquark, Salate und Soßen verwendet. Die Blätter der Buche (Fagus sylvatica, rechts) haben ebenfalls adstringierende (zusammenziehende) und antibakterielle Wirkstoffe

Mehr Nutzungsmöglichkeiten bietet die Birke: Als harntreibender Tee lindern ihre Blätter Rheuma, Gicht und Stoffwechselerkrankungen. Der im Frühling aus ihren Ästen abgezapfte Birkensaft gilt als vitalisierender Erfrischungstrunk. Und eine Abkochung der Rinde wird in der Volksheilkunde zur Behandlung hartnäckiger Hautkrankheiten verwendet.

Blätter der Hänge-Birke (Betula pendula)
Foto: MSL/Irene Lehmann
Blätter der Eiche
Foto: MSL/Irene Lehmann

Hänge-Birken (Betula pendula, links) bieten die ideale Voraussetzung für eine vitalisierende Frühjahrskur. Ihre Blätter verwendet man für Tee und Kräutersäfte. Die Eiche (Quercus, rechts) zählt zu unseren wichtigsten Gerbstoffpflanzen. Für die äußere Anwendung bei Ekzemen oder schlecht heilenden Wunden tränkt man einen Verband mit Tee aus der Eichenrinde

Beste Voraussetzungen für eine rasche Wundheilung bietet die Rinde junger Eichentriebe. Ihre Gerbstoffe entziehen Bakterien und Pilzen, die sich auf der Haut oder Schleimhaut angesiedelt haben, den Nährboden. Innerlich wird ein Tee aus Eichenrinde bei Durchfall und Darmerkrankungen empfohlen.

Scharbockskraut (Ranunculus ficaria)
Foto: MSL/Irene Lehmann
Lungenkraut (Pulmonaria officinalis)
Foto: MSL/Irene Lehmann

Scharbockskraut (Ranunculus ficaria) ist eines der ersten verfügbaren Wildkräuter im Frühjahr. Gesammelt werden die scharf-würzigen, Vitamin-C-reichen Blätter vor Blütenbeginn. Lungenkraut (Pulmonaria officinalis) dient in der Volksheilkunde zur Stärkung des Bindegewebes und wird als Heilmittel bei Entzündungen der Atemwege genutzt

Efeu (Hedera helix) wurde bereits in der Antike verwendet. Erst in der Neuzeit stellte man fest, dass die Früchte giftig sind und auch die Blätter nur in kleinen Mengen verwendet werden sollten. Die Volksmedizin beschränkt sich daher auf äußere Anwendungen und nutzt die durchblutungsfördernde Wirkung der Blätter für die Herstellung von Körperölen gegen Cellulite (Orangenhaut).

Gesunde Beeren, Nüsse und Früchte

Wer die leckeren, gesunden Früchte des Waldes schätzt, muss sich nicht bis Herbst gedulden. Bereits im Frühsommer locken Wald-Erdbeeren, später Waldheidelbeeren, Hagebutten, Brombeeren, Holunder und Himbeeren mit aromatischen Früchten, die sich zu Marmelade, Saft, Likör oder Desserts verarbeiten lassen. Brombeeren (Rubus fruticosus) zum Beispiel enthalten die Vitamine A, B, C und E, außerdem reichlich Mineralstoffe und Pflanzenfarbstoffe.

Weißdorn (Crataegus laevigata)
Foto: Pixabay/uroburos
Schlehe (Prunus spinosa)
Foto: Pixabay/Hans

Weißdorn (Crataegus laevigata, links) gilt schon seit dem Altertum als Heilpflanze für altersbedingte Herzbeschwerden. Aus den Beeren und Blättern kann man einen schmackhaften Herzwein zubereiten. Schlehen (Prunus spinosa, rechts) haben entzündungshemmende, harntreibende, fiebersenkende und magenstärkende Substanzen

Die feinen Köstlichkeiten sind nicht nur eine Gaumenfreude, sie leisten mit ihren reichlich vorhandenen Vitaminen, pflanzlichen Farbstoffen, Gerb- und Mineralstoffen auch einen wertvollen Beitrag für unsere Gesundheit. Das gilt ebenso für Haselnüsse und Esskastanien. Als kerngesunde Knabberei oder gehaltvolle Zutat für herbstliche und winterliche Gerichte bieten sie variationsreichen Genuss. Haselnüsse (Corylus avellana) gelten nicht von ungefähr als Nervennahrung. Ihre pflanzlichen Fette, Vitamine und Mineralstoffe wirken sich positiv auf das Gedächtnis und die Nervenfunktionen aus.

Hagebutten
Foto: Pixabay/hansbenn
Esskastanie (Castanea sativa)
Foto: Pixabay/Holgers Fotografie

Hagebutten (links), die Früchte der Rose, sind reich an Vitamin A, B1, B2 und C. Hagebutten-Pulver lindert nachweislich schmerzhafte Gelenk-Arthrose. Aus den Beeren entsteht auch eine fruchtige, fein säuerliche Marmelade. Esskastanien (Castanea sativa, rechts) liefern hochwertiges Eiweiß sowie Mineralstoffe und enthalten im Vergleich zu Nüssen nur wenig Fett

Wertvolle Harze von Nadelbäumen

Die frischen, hellgrünen Triebe von Fichten und Tannen sind im Mai schon von Weitem sichtbar. Sie fühlen sich ganz weich an und sind daher eine würzige Zutat für Gewürzmischungen, Kräutersalz und Hustensirup. Wer die Maiwipfel selbst sammeln möchte, sollte sich bei Nadelbäumen etwas auskennen. Während Fichte und Tanne völlig unbedenklich sind, kann der Verzehr von Eiben-Trieben fatale Folgen haben. Das immergrüne Gehölz ist bis auf das rote Fruchtfleisch in allen Teilen giftig.

Junge Triebe der Fichte
Foto: MSL/Irene Lehmann
Lärche (Larix)
Foto: MSL/Irene Lehmann

Bei Fichtensprossen (links) schätzt man besonders die schleimlösenden, durchblutungsfördernden, keimhemmenden und wundheilenden Eigenschaften. Das Harz der Lärche (rechts) enthält neben ätherischem Öl Harzsäuren, Bernsteinsäuren, Bitter- und Farbstoffe

Die hellgrünen Triebe von Tannen und Fichten, auch Maitriebe genannt, haben ein feines, harziges Aroma und sind eine schmackhafte Zutat für allerlei gesunde Köstlichkeiten. Traditionell verwendet man sie für die Herstellung von Hustensirup. Zum Schutz der Nadelbäume dürfen die Triebe nur mit Genehmigung des Försters oder Waldbesitzers gesammelt werden. Pro Baum nur wenige Sprosse und nie der Mitteltrieb, sonst kommt es zu Wachstumsstörungen. Lärchenharz zählt von jeher zu den kostbarsten Heilmitteln des Waldes und wird auch heute noch für wohlriechende Wundsalben verwendet.

Praxistipp

Beerensammler bewegt nach wie vor die Frage nach den Gefahren einer Ansteckung durch die Eier des Fuchsbandwurms. Bislang gibt es aber noch keine Hinweise, dass das Sammeln von Beeren die Infektionsgefahr erhöht. Die pro Jahr registrierten Fälle bewegen sich bundesweit im zweistelligen Bereich. Wer dennoch ganz sichergehen will, reinigt seine Schätze gründlich und verzehrt sie nicht roh, sondern gekocht. Bei Temperaturen von über 70 Grad Celsius werden die Wurmeier abgetötet. Weniger hilfreich ist das Einfrieren. Selbst bei 18 Grad minus können die Parasiten wochenlang überleben.

UNSERE SHOP-EMPFEHLUNGEN
Schlehe , Schwarzdorn
16,99
Schlehe , Schwarzdorn
7-10 Werktage
zum Produkt
Shop besuchen